Fragen an die Residents: interface
In jeder Ausgabe unseres Newsletters stellen wir eine Organisation vor, die im Publix-Haus arbeitet. Diesmal: Luisa Seeling aus dem Kommunikationsteam von interface.

Worin besteht der Kern Eurer Arbeit?
interface ist ein unabhängiger Thinktank für Technologie- und Digitalpolitik. Zuvor firmierten wir unter dem Namen „Stiftung Neue Verantwortung“. Unsere Expert:innen analysieren, welche politischen Fragen sich durch neue Technologien ergeben, und erarbeiten Handlungsempfehlungen für Policy-Maker. Wir arbeiten aktuell unter anderem zu Künstlicher Intelligenz, Plattformregulierung, Cybersicherheit, staatlicher Überwachung und Nachhaltigkeit in der Halbleiterproduktion. Anfangs lag unser Fokus stark auf Deutschland, inzwischen arbeiten wir zunehmend europäisch – auch, weil wichtige Regelwerke wie der AI Act oder der Digital Services Act aus Brüssel kommen.
Was wollt Ihr damit erreichen?
Wir sind gemeinnützig und legen großen Wert auf unabhängige Forschung. Unsere Mission ist es, Entscheidungsträger:innen – und bei Bedarf auch die Öffentlichkeit – mit Wissen und Argumenten auszustatten, damit bessere Tech-Politik möglich wird. Mit „besser“ meinen wir: wirksam und vor allem im Sinne der Bürger:innen. Und zwar so, dass Risiken gemindert werden, Innovation aber nicht ausgebremst wird. Diese Balance muss immer wieder neu austariert werden.
Was bereitet Euch Kopfschmerzen?
Nach der eher aktiven Regulierungsphase der vergangenen Jahre beobachten wir in Europa Signale einer politischen Gegenbewegung. Ich hoffe, dass das Pendel nicht zu stark in die andere Richtung ausschlägt. Außerdem hoffe ich, dass das verständliche und oft auch berechtigte Bestreben, Sicherheitsbehörden in unsicheren Zeiten mit mehr Befugnissen auszustatten, nicht zu einer Aushöhlung von Grundrechten führt.
Was tragt Ihr zu einer pluralen Medienlandschaft bei?
Wir sind kein journalistisches Medium, aber als Thinktank befassen wir uns mit der digitalen Infrastruktur, die auch für unabhängigen, freien Journalismus essenziell ist. Unsere Expert:innen arbeiten zum Beispiel zu Plattformregulierung, Datenschutz, Schutz vor Cyberangriffen und zum Schutz Minderjähriger im Netz – also an den Grundlagen, auf denen guter Journalismus gedeihen kann.
Wer oder was hat unbedingt mehr Aufmerksamkeit verdient?
Der Umwelt- und Klimaaspekt bei Tech. Viele nutzen KI-Systeme wie ChatGPT, vergessen dabei aber oft, dass das ein großer Luxus ist. Jede noch so belanglose Anfrage verbraucht enorme Mengen Energie, deren Erzeugung sich auf die Umwelt auswirkt.
Was ist die beste Lektüre zur aktuellen Lage?
Wir bei interface lesen viele Fachnewsletter. Ich verfolge die Tech- und Brüssel-Newsletter von „Politico“, den “Tagesspiegel Background Digitalisierung“, das SZ-Dossier „Digitalwende“ – alles sehr gut für den Überblick. Unsere Expert:innen lesen allerlei breitere und themenspezifische Newsletter, hier eine kleine Auswahl: Tech Policy Press, MIT Technology Review, Wired Newsletter, Cyber & Cognitive Conflict Compass (4C), Rest of World Global, Martin Husovec's DSA newsletter, Risky Business, Blood in the Machine...
Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, ab und zu auch den Blick zu weiten und ein Buch mit eher feuilletonistischem Zugang zu Tech-Themen zur Hand zu nehmen. Sonst vernerdet man komplett.
Was sollte man jetzt anhören?
In unserem jüngsten interface-Newsletter haben die Kolleg:innen ein paar schöne Podcasts empfohlen: „A Sense of Rebellion“ über die vergessene Geschichte eines geheimen Tech-Labors aus den 1960ern; „Levittown“ über den Beginn des Phänomens der Deepfakes; „Wind of Change“ über die Frage, ob der Wende-Hit der Scorpions vielleicht von der CIA geschrieben worden sein könnte.
Was wünscht Ihr Euch für die Publix-Initiative?
Dass der Schwung und der Spirit des Anfangs erhalten bleiben! Und dass wir versuchen, abweichende – auch stark abweichende, solange sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen – Meinungen ernst zu nehmen und den Gesprächsraum nicht vorschnell zu verengen. Ich glaube, dazu kann Publix als Plattform viel beitragen.
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